3. Tag:
Der morgendliche vorsichtige Blick aus dem Zimmerfenster ließ mich aufatmen - keine Regenwolken in Sicht. Gemütlich konnten wir das Frühstück zu uns nehmen. Als einzige Gäste im Hotel schien es uns sehr ausgiebig bestückt zu sein. Plötzlich Schüsse - Punkt 8:00 Uhr - Salutschüsse - die durch das ganze Tal des Sognefjord hallten. Der 17. Mai ist der Nationalfeiertag der Norweger (Wiki Link: https://de.wikipedia.org/wiki/Verfassungstag_(Norwegen))
Wir beschlossen heute gemütlich um 09:15 Uhr aufzubrechen und wie immer konnte ich mir das Gemeckere meiner Jungs anhören, ob ich denn nie pünktlich sei :-). Ich versuchte zu erklären, dass keiner auf die Idee kommen könnte, mir mit meinem Gepäck zu helfen (ich habe ja durch das techn. Equipment ein bisschen mehr als die anderen) ... irgendwie wünsche ich mir in diesen Momenten immer Alex herbei, der dies automatisch tat :-).
Unser erster Tourabschnitt führte uns auf die Landstraße “55” (eine im Winter gesperrte Bergstraße), der uns schon von der Rezeption als wunderschöner landschaftlicher Leckerbissen beschrieben wurde. Bei solchen Prophezeiungen und einem Regentag im Gepäck schlugen unsere Herzen höher. Es ging los bis Ovre Ardal und von dort schraubten wir uns über eine steile Felsenwand in die Höhe. Was will ein Bikerherz mehr, wenn der Tag bei strahlendem Sonnenschein so beginnt. Ein bisschen stutzig machten uns die ganzen Tafeln die auf dem Fahrbahnrand standen, dass eine Überfahrt am Pass nur mit Kreditkarte möglich sei und ca. umgerechnet € 10 kosten wird (Norwegen wird sich doch nicht wie Österreich entwickeln, wo jede schöne Passstraße bereits eine Maut aufweist).
Im Nachhinein wären wir auch gerne bereit gewesen mehr zu bezahlen, denn diese Überfahrt war sensationell und nicht vergleichbar - wir fuhren ca. 100km im “Nichts”. Aber weiter zur Erzählung. Wir schraubten uns immer höher bis wir auf einem Plateau zwischen zwei Bergen ankamen, dass dann nur mehr leicht stieg. Jetzt wurden die seitlichen Wiesen langsam von Schnee bedeckt und je länger wir fuhren, und somit auch je höher wir kamen, wurde es eine durchgehende Schneedecke die ca. einen halben Meter dick war. Alleine dieser Anblick war sensationell, keine Bäume, die trockene Straße inmitten der Schneefeldes, dass sich immer höher und weiter landeinwärts schlängelte. Auch die Höhe des Schneefeldes entwickelte sich .. wir sind bereits bei 1 Meter angelangt. Das vermutete Ende, eine vollkommen automatische Schranke am Passübergang nutzten wir zum Fotografieren und um den Ausblick zu genießen. Wir dachten ja, dass es ab jetzt wieder bergab gehen würde. Falschgedacht. Wir hatten ca. 20 km unserer Bergstraße erst hinter uns und so schlängelten wir uns weiter und immer weiter ins Landesinnere vor. Die Schneewachten wurden höher und höher und schienen bei 3 bis 4 Meter angekommen zu sein.
Wir schlossen auf die Hauptstraße auf und siehe da, es ging über weitere Serpentinen noch höher in die Berge. Wir fanden uns auf einer Meereshöhe von 1400m ein und die Schneemassen zu unseren Seiten hatten schon ein bisschen was Bedrohliches, da sie stellenweise bestimmt die 10 Meter erreichten.
Jetzt wurde es trotz des anhaltenden Sonnenscheins mit einigen Wolkenfetzen frisch. Die Temperatur viel auf -4°C und der Boardcomputer spielte wieder verrückt (Gefrierende Nässe).
Der Galdkoppigen Berg mit 2469m zu unserer Rechten ließ uns darüber nachdenken wie weit weg wir hier von der nächsten Zivilisation sind. Und dann folgte eine Überraschung: Mitten im Nirgendwo standen Zelte bzw. eine Zeltstadt. Anscheinend nutzen viele Norweger dieses Plateau als Ausgangspunkt für Skitouren - der Ausblick den man bei einer klaren Nacht von hier oben haben muss, kann nur sensationell sein.
Ab jetzt fielen auch wieder die Temperaturen und trotz der tollen Aussicht und der guten Straßenverhältnisse begann es sich ein wenig zu “ziehen”. Auch Josef musste am eigenen Leib die Kälte fühlen - sein Sommeroutfit ist nicht Norwegen tauglich.
Langsam schraubten wir uns wieder runter auf Fjordhöhe und wir hielten für eine kurze Pause in Fossbergom. Es folgte eine lange Verbindungsstraße bis zu unserem letzten Tageshighlight, dem Trollstigen. Knappe 100 Kilometer mussten wir die E136 entlang “tuckern” immer auf der Suche nach Radarfallen. Hier in der Einöde rechnete ich sicher damit, dass die Polizei auf Lauer liegen könnte.
Endlich weg von der Bundesstraße und auf einer wenig befahrenen Seitenstraße ging es zu unserem nördlichsten Punkt unserer Reise - die Einfahrt zum Trollstigen kurz vor Andalsnes. Es schien als würde uns das Glück verfolgen, da der Trollstigen erst seit einigen Tagen für eine Überfahrt geöffnet war.
Die Zufahrt beginnt über eine baufällige Brücke, die eher danach aussieht auf eine Ackerfläche zu fahren als zu einem Pass. Der Straßenzustand trägt nicht dazu bei, dass wir denken richtig zu sein, aber das GPS zeigte unbeirrt in diese Richtung.
Die Bergmassive die dieses Tal begrenzen werden durch die reflektierenden Sonnenstrahlen perfekt und massiv in Szene gesetzt und es scheint, dass die Straße in einer Sackgasse enden würde. Die Straße schlängelt sich fast senkrecht in die Höhe (die Straße auf den Gaviapass in Italien scheint dagegen eine Ausflugsstraße) zu sein. Hier wurde eine unglaubliche Straßenbauleistung in das Massiv des Berges geschlagen. Ein vom Berg stürzender Wasserfall, der von der Brücke eindrucksvoll zu sehen ist, verstärkt die Schönheit dieser Naturgewalten.
Oben angelangt versuchten wir auf den Aussichtplattformen das perfekte Bild zu schießen, aber leider war der Zugang zur zweiten Plattform noch durch Schneeverwehungen versperrt. Einige Wagemutige marschierten, trotz der drohenden Gefahr mit den Turnschuhen im Schnee auszurutschen, über das Schneefeld - mit mir nicht, ich hatte ja noch eine Tour vor mir :-).
Wir deckten uns im Souvenir Shop noch mit Mitbringsel ein und machten uns anschließend auf, um die letzten Kilometer zum Hotel hinter uns zu bringen.
Unsere Hotel liegt am Storfjord und so konnten wir mit jedem gefahrenen Kilometer beobachten wie die Temperatur stieg. Erst später haben wir erfahren, dass in dieser Region Erdbeeren gezüchtet werden. Das Klima in den Fjorden scheint sehr unterschiedlich auszufallen.
Wir ließen den Abend in der Bowling Bar ausklingen, bestellten mit zu großem Hunger 3 Pizzen, die für 6 Leute gereicht hätten.